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von Manuel Glüheisen


Nun sitze ich hier und empfinde die Besonderheit dieses Momentes
Alles um uns herum scheint unwichtig, alle meine Belange scheinen unwichtig
Die Welt soll stehen bleiben, wegen dieses Momentes, wegen mir . . . uns!
Ich werfe alle gesellschaftskritischen Gedanken über Bord, denn dies ist im Verhältnis zu der besonderen Luft, die wir atmen unwichtig.
Ich will nichts mehr hören und sehen, will nichts mehr schmecken und riechen, will nichts mehr fühlen und denken, will nur noch diesen Moment.

Doch nun ereilt mich wieder ein Vernunftgedanke, der sich wie ein Parasit in diesen Moment setzt.
Alles andere auf dieser Welt ist so zerbrechlich, so vergänglich, so leicht, dass der Wind es mühelos wegweht und im nächsten Moment empfindet man es als ein unbedeutsames Staubkörnchen, dass nie hätte da sein sollen.
Man verurteilt sich selbst, einen Fehler begangen zu haben und verdrängt die Zeit davor. Vergessen, so schnell wie möglich, memoirisch zerstören.
So oft geschieht es.
So bewertet man Kindheitserinnerungen - als minderwertig, kindisch, verspielt, noch nicht im Leben stehend, unwichtig, klein . . . irgendwie DUMM!
So bewertet man Jugendsünden – als „Strähne“ , verirrt, Wegsuchend, noch nicht im Leben stehend, unwichtig, klein . . . irgendwie DUMM!
So bewertet man alte Bekanntschaften und Entscheidungen, die sich hinterher als falsch rausstellten – als irregeführt, weg verloren, nicht den Überblick behaltend, aus der Bahn geworfen, falsch, großer Fehler . . . irgendwie DUMM!

Daran denke ich soeben und den Gedanken hast auch du gerade gehabt, aber wir denken nicht daran, dass dieser Moment auch anders fokussiert werden könnte; nicht jetzt!
Später, wenn dieser Moment als nicht im Leben stehend, unwichtig, klein . . . irgendwie DUMM beurteilt wird.
Aber dass soll nicht so sein, denn dieser Moment ist zu schön, zu wichtig, zu bindend, zu menschlich, zu stark, zu enorm, die Luft ist so besonders, dass sie von Selbstbeschwichtigungen zu Abgas gemacht wird, denn so wie es war, halten wir es jetzt für wichtig und so soll es immer sein, denn das ist der Ursprung, den man nie verleugnen sollte.
Zu oft verleugnet man den Ursprung.
Wir verleugnen unsere Vorfahren, indem wir sie als primitiv abstempeln.
- ohne ihren Fortschritt zu dieser Zeit der Unerfahrenheit zu berücksichtigen -
Wir verleugnen einen Menschen, wenn er auf die schiefe Bahn gerät.
- ohne an den Grund dafür zu denken und daran, dass man ihm helfen kann -
Wir verleugnen den Ursprung des Lebens, wir verleugnen Gott.
- weil heute Missstände bestehen, ohne an unsere eigene Schuld zu denken -
Wir verleugnen den Lebensweg und die Kultur anderer und finden sie seltsam.
- ohne an die Verwunderung über unseren „Way Of Life“ zu denken –

Dass dies falsch ist, merken wir, wenn wir uns jetzt selber an die Nase fassen,
denn nun können wir nicht leugnen,

dass alles seine Richtigkeit hat;
dass wir keinen Fehler machen;
dass wir dies richtig finden;
dass unsere Seelen ihren Standort gefunden haben.

So können wir nicht leugnen und dieser Moment, diese Luft, diese Welt in diesem Moment wird als schönste Blume immer blühen und niemals als Unkraut verachtet.

Gedenke an die Schönheit einer immerblühenden schönsten Blume . . .

Anmerkung des Autors


Hauptthema dieses Gedichtes ist die Vergänglichkeit, die wir als Problem immer wieder nennen und uns darüber beschweren, aber größtenteils prägen wir diese Vergänglichkeit, indem man frühere Fehler leugnet und sie als „irgendwie dumm“ abtut, aber genau das stellt Vergänglichkeit dar. Dieses Gedicht ist in „diesem Moment“ – in meinem Moment entstanden, als ich ihn zusammen mit meinem besten Freund genießen durfte und befürchten muss, dass ich irgendwann mal sage „Pahh, bester Freund!“ oder er irgendwann mal sagt „Das war alles ein großer Irrtum“. Ich versuche diese Blume immerblühend zu halten und tue den ersten Schritt, indem ich es hier festhalte: Es war so!!! und wehe mir diese Autorenanmerkung zu löschen!